Die Randwelt
Meine Beschreibung beginnt mit dem großen Steilhang im Westen. Früher einmal war dieser Hang die Küste eines Meeres, welches nun längst vertrocknet ist. Nur drei kleine Seen sind übriggeblieben (den größten nennen die Menschen in ihrer Naivität "Großes Meer"). Die Trockenheit hingegen hat in den letzten Jahrhunderten immer weiter zugenommen, und nur im westlichsten Bereich des Urmeeres hat sich noch etwas Feuchtigkeit gehalten. Um diesen winzigen Flecken Erde geht es in diesem Dokument – man nennt ihn: die Randwelt.
Im ewigen Schatten der Steilwand (man hat von oben einen atemberaubenden "Randwelt-Blick") befindet sich ein tiefer und geheimnisvoller See. Er endet im Norden im ewigen Eis und im Süden an der Staumauer der Vergessenen. Im Osten schließt sich der See der Tausend Inseln an, viele von ihnen dienen mächtigen Zauberern als Domizil. Wie der Zeiger einer riesigen Sonnenuhr streicht jeden Tag der Schatten des Götterankers über den See, jenes Berges, welcher das Viel zu hohe Gebirge dominiert. Dort, in ihren unterirdischen Hallen und Minen, leben die Zwerge, sich ganz ihrer Handwerkskunst widmend und zufrieden damit, nichts mit den Menschen oder Levianern zu tun haben zu müssen.
In das ewige Eis des Nordens hat sich ein Volk der Levianer zurückgezogen, das von den Menschen nun mitunter "Eiselfen" genannt wird. Die Kälte ihres Lebensraumes entspricht der Kälte in ihren Herzen. Ihre blitzenden Eisburgen haben jedoch schon manchem Wanderer das Augenlicht geraubt, welcher die gefahrvolle Reise von Süden her durch den Randwald gemeistert hat.
Der Randwald trennt das Eisvolk von der menschlichen Zivilisation, wahrscheinlich zu beiderseitigem Vorteil. Zwischen dem Waldsaum und der Nordküste des Großen Meeres befindet sich das Königreich der Menschen. Gestützt von Ackerbau (im nördlichen Teil muss dem kargen Boden noch mühsam Ertrag abgerungen werden, während der Südwesten berühmt ist für seine Weinberge) und Viehzucht hat es das Reich zu beträchtlichem Reichtum gebracht. In den Ausläufern des Viel zu hohen Gebirges werden Rohstoffe abgebaut, in den Wäldern und Fluren lässt es sich gut jagen und das Meer ist ein wichtiger Fischlieferant. Aber die Quelle des größten Reichtums ist der Pilzwald im Nordosten. Das Pilzfleisch wird von allen Völkern der Randwelt ob seiner magischen Eigenschaften geschätzt (selbst ich beschaffe mir hin und wieder einen Sack). Die Pilze sind nicht nur besonders wohlschmeckend, sondern stellen auch die Grundlage für die meiste Magie der Randwelt dar.
Aus den großen Pilzen wird in bestimmten Brauereien aufwendigst ein Sud gekocht. Dieser Sud kann – in reiner Form – in Phiolen abgefüllt werden, um so die magischen Kräfte von Zauberern zu stärken. Er ist jedoch sehr teuer und nur die mächtigsten und reichsten Magier können sich dergleichen leisten. Öfter findet der Sud in stark verdünnter Form Verwendung: Wenn er bei der Herstellung von Waffen und Rüstungen zur Kühlung des Metalls verwendet wird, können den Waffen und Rüstungen magische Eigenschaften verliehen werden. Da das Material so begehrt ist, versuchen mehrere Handelkartelle und natürlich auch das Königreich selbst, so viel wie möglich von dem Material abzubauen. So kommt es zu einem Raubbau an den Pilzen, obwohl dieser sehr gefährlich ist.
Probleme bereiten den Herrschern allenfalls gelegentliche Angriff von aggressiven Nomaden aus der östlichen Wüste auf Dörfer am Rande der zivilisierten Welt. Tief in der Wüste gibt es eine Oase, welche kaum jemand kennt. Dort befinden sich noch die Reste einer untergegangenen Zivilisation. Von der anderen Seite des Flusses jedoch hört man nichts Gutes. Der große Fluss verbindet den See der Tausend Inseln mit dem Großen Meer. Dahinter befinden sich die südlichen Provinzen des Reiches (und ein Mittelgebirge, welches noch nicht erschlossen ist – viele Glücksritter versuchen hier Schätze zu finden oder Königreiche zu gründen – die dann wiederum von anderen Glücksrittern ausgeraubt oder vernichtet werden).
Der Süden versucht schon seit längerem, sich vom Reich abzuspalten, um die enormen Reichtümer nicht teilen zu müssen. Seit dem fragilen Bündnis mit den Levianern ist der Süden mit seiner opulenten Handels- und Tempelstadt praktisch autark.
Die bösartigen Levianer bewohnen die Festung südlich des tropischen Waldes. Sie haben sich ehedem vom Leben ihrer Verwandten im Wald abgewandt und hausen nun als große Magier und Sklavenhalter in ihrer Burg. Die dekadenten und überheblichen Levianer selbst arbeiten schon seit Jahrhunderten nicht mehr. Stattdessen versklavten sie Trolle und erschufen mächtige Golems, die weitere Bauwerke für sie errichteten und tief unter der Erde in den Bergwerken des Endes für sie schufteten.
Ich möchte an dieser Stelle mit der Umgebung des Großen Meeres fortfahren. Sicherlich kennen alle meinen Diracturm auf der zentralen Insel: Eine weitere Touristenattraktion ist eine schwimmende Stadt ganz aus Kristall, von der aus man hervorragend in die Tiefe des Sees blicken kann. Die Stadt hält sich jeden Tag an einem anderen Ort auf und verweilt niemals für lange Zeit. Die Westküste des Sees ist von sumpfigen Mangrovenwäldern bewachsen, unter anderem die Heimat von niederträchtigen Goblins. So manche verfallene Ruine harrt ihrer Entdeckung.
An der Südküste lebt ein hoch spirituelles und gläubiges flugfähiges Volk in einer extravagant errichteten Turmstadt. Sie sind sehr friedfertig. Die Geschichten, dass dieses Volk nur auf flugfähigen Haustieren reitet, sind nur erfunden. Eingerahmt vom Wald der Levianer, vom Sumpfwald und dem Gebiet der Flugwesen liegen die Nob Hills. Ein unwirtlicher Ort, an dem seltsame Dinge geschehen. Verweilt man zu lange – fallen einem die Haare aus, man altert und generell macht die Luft irgendwie krank – ich weiß wovon ich rede . Und doch soll es dort Dinge geben, die weder magisch noch unmagisch sind.
Natürlich soll auch der Glaskrater am südlichen Ende der Randwelt nicht unerwähnt bleiben. Einst muss eine gewaltige magische Explosion stattgefunden haben. Infolgedessen schmolz der Sand der südlichen Wüste dahin und wurde zu Glas. Ist man unvorsichtig, rutscht man in den Krater und wird dort mit einem obligatorischen Übel konfrontiert.
Was bleibt noch zu sagen? Ach ja, auf der ganzen Welt sind vier Monolithe verstreut. Wer sie alle findet und in der richtigen Reihenfolge berührt, löst damit – irgendetwas aus. Was, werden wir vielleicht nie herausfinden, denn es existieren keine Schriftrollen mehr zu diesem Thema.
Im großen Steilhang befindet sich übrigens eine Schlucht – wie hineingeschnitten führt sie nach Westen zu einer mysteriösen Tür – Hier wohnen Monster!! Selbige kommen aber nicht bis zum schattigen Meer, da die Zwerge netterweise eines der größten und imposantesten Bollwerke in der Schlucht errichtet haben – die Pforte. Gut zu wissen, dass die Verteidigung der Randwelt nach Westen hin gewährleistet ist. So Mancher wird sich wohl die Frage stellen, was denn eigentlich hinter dem Pilzwald liegt. Ich existiere nun seit Jahrhunderten und mein Wissen ist allumfassend. Aber es würde doch keiner glauben, wenn ich dies erzählen würde. Oder aber es würde Panik und Endzeitstimmung heraufbeschwören. Nein, lieber nicht. Jedes Wesen der Randwelt sollte die letzen Jahre glücklich und nach seiner Facon verbringen.
Gezeichnet: Convoluzius
geborgen aus der Bibliothek des Dirac-Turms – unveröffentlichtes Material – gezeichnet: Vorgoth, 1. Verweser (Kult)